Dringender Revisionsbedarf der Gesetzgebung bei der Windkraft

Die deutschsprachige und die französische Fassung des Art.12 des Schweizer Energiegesetzes sind nicht gleichlautend. Die fehlerhafte Übersetzung führt offensichtlich zu falschen Interpretationen. Gleichzeitig drängen sich Fragen auf im Hinblick auf das neu beschlossene Subventions-Regime. Während Investoren mit dem alten KEV-System über 15 Jahre bis zu masslosen 350% der Investitionssumme aus dem KEV-Fonds erhalten, bekämen sie mit der neuen Regelung faire 80% Einmalvergütung. FLCH fordert deshalb, dass die alte KEV-Regelung per sofort durch das neue System ersetzt wird. Der Verband wird sich in der Revision des Energiegesetzes engagieren.

(c) Robin Miller
(c) Robin Miller

Der Verband Freie Landschaft Schweiz ist der Ansicht, dass die vom Bundesrat beschlossene Schwelle zur Erreichung des nationalen Interessens von neuen Windenergieanlagen gesetzeswidrig ist. Der Bundesrat hat 2017 in der Verordnung festgelegt, dass ab einer jährlichen Produktion von 20 GWh ein Windpark von nationalem Interesse ist. Die Rechtsfakultät der Universität Lausanne bezeichnet im „Infolettre 22“ vom 30. April 2021 diese Schwelle als „kurios“. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich neben der Jahresproduktion drei zusätzliche Kriterien formuliert, die bei der Festsetzung der Schwelle für das nationale Interesse zu berücksichtigen seien. Das Gesetz und die dazugehörigen Erläuterungsberichte sehen klar vor, dass mehrere Kriterien (Plural!) von Art. 12 Abs. 5 erfüllt sein müssen und nicht bloss ein einziges Kriterium.

Während Art. 12 Abs. 5 des Energiegesetzes in der deutschsprachigen Fassung klar festlegt, dass bei der Bestimmung des nationalen Interesses „ Kriterien wie Leistung oder Produktion sowie die Fähigkeit, zeitlich flexibel und marktorientiert zu produzieren“ zu berücksichtigen sind, so besagt die französische Übersetzung, dass „Kriterien wie Leistung, Produktion oder Flexibilität der Produktion“ zu berücksichtigen sind. Im Urteil des Bundesgerichts zum Windpark Ste-Croix VD vom April 2021 hat diese fehlerhafte Übersetzung offenbar zu falschen Interpretationen geführt.

Keine falsche Interpretation dagegen ist, dass sich das alte Einspeisevergütungssystem für Windkraftanlagen und das kürzlich aufgrund der Motion Girod (19.443) angenommene Einmalvergütungssystem deutlich unterscheiden. Während aktuell noch über 430 Anlagen eine positive KEV-Zusage haben und mit bis zu 23 Rappen pro produzierter kWh während bis zu 15 Jahren rechnen dürfen, erhalten die weiteren 361 Windkraftanlagen auf der Warteliste wohl nur eine Einmalvergütung in Höhe von 80% der Investitionen (60% Grundvergütung und 20% wegen spezifisch hohem Winteranteil der Energieproduktion). Das sorgt für Ungleichbehandlungen.

Die Unterschiede sind frappant: Nach aktueller Gesetzgebung erhält eine mit KEV unterstützte Windturbine während 5 Jahren garantiert 23 Rappen pro kWh und danach während zehn Jahren entweder 23 oder 13 Rappen. Das sind bei einer jährlichen Produktion von 5 GWh zwischen 12.25 und 17.25 Mio. CHF. Eine Windturbine kostet jedoch im Schnitt rund 6 bis 8 Millionen Franken. Damit kann ein Betreiber einer Windturbine stets zwischen 100% und 250% Gewinn verbuchen! Mit Einmalvergütungen bezahlt der Konsument für die gleiche Strommenge nur 5-7 Mio. CHF.

Die „Kostendeckende Einspeisevergütung“ ist nicht kostendeckend, sondern gewinnüberbordend! Freie Landschaft Schweiz wird sich daher bei der Revision des EnG dafür engagieren, dass das Einspeisevergütungssystem sofort durch die Einmalvergütungen zu ersetzen. Damit sparen die Konsumenten und der Bund bei 800 geplanten Windturbinen 7.2 Milliarden Franken ein!